1 Zu unserem Selbstverständnis
Unsere Idee von Politik-Unterricht besteht darin, dass wir unseren Schüler*innen helfen, politische Vorkommnisse in Deutschland und der Welt zu verstehen und angemessen einzuordnen. Unsere Schüler*innen sollen Mündigkeit in ihrer Rolle als Bürger*innen erlangen. Nach diesem Verständnis verfügen mündige Bürger*innen über „(…) die Fähigkeit, sich mit Gesellschaft, Politik und Wirtschaft eigenständig und sachkompetent sowie interessengeleitet auseinanderzusetzen, dort selbstbestimmt (…) zu handeln und dies nachvollziehbar rechtfertigen zu können.“
(Autorengruppe Fachdidaktik: Was ist gute politische Bildung, 2017, Schwalbach/Ts.)
Um dies zu erreichen, arbeiten wir mit aktuellen pädagogischen Methoden und praktizieren einen kritischen, zugewandten und lebendigen Austausch mit unseren Schüler*innen. Unsere Ideen von Unterricht praktizieren wir in allen Bildungsgängen der verschiedenen Abteilungen immer mit Blick auf die je unterschiedlich zusammengesetzte Schülerschaft und ihren verschiedenen Eingangsvoraussetzungen.
Da diese Fähigkeiten auch im Zusammenwirken mit anderen Fächern in der Schule und in der Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Umfeld erworben werden, erscheinen uns ein Austausch zwischen allen am Schulleben beteiligten Gruppen und eine Öffnung der Schule nach außen (siehe die Aktivitäten des FB) für eine erfolgreiche fachbezogene Kompetenzentwicklung unerlässlich.
2 Ausgewählte Ziele unserer politischen Bildung
2.1 Demokratie-Erziehung
„Demokratie muss gelernt werden, um gelebt werden zu können!” (K.G. Fischer)
Es gibt keine Demokratie ohne Menschen, die die Grunderfordernisse der Demokratie in ihrer Lebenswelt wertschätzend erlernt, praktisch eingeübt und verinnerlicht haben. Unabdingbar und deshalb im täglichen lernenden Miteinander immer aufs Neue einzuüben sind: Gewaltlosigkeit, Rücksicht, Empathie, Toleranz und Solidarität im Verhalten zu Anderen.
(vgl. G. Himmelmann: Demokratie-Lernen in der Schule, Schwalbach/Ts., 2017).
Demokratie verstehen wir als Regierungs- und Lebensform zugleich. D.h. die Schüler*innen lernen nicht nur, was freie und faire Wahlen ausmacht, Gewaltenteilung, Minderheitenschutz und Rechtsstaat bedeuten, wie und wo sie im Grundgesetz und in der Europäischen Union verankert sind.
Ein Zweites muss aber hinzukommen:
Demokratie muss erlebt werden können. Demokratie lernen und sie im Schulalltag leben, sollten Hand in Hand gehen. Das setzt die angemessene Beteiligung der Schüler*innen an der Gestaltung des Unterrichts ebenso voraus, wie einen demokratischen Umgang miteinander im Klassenzimmer und die selbstverantwortliche Teilnahme an schulischen Diskussionsveranstaltungen und am Austausch mit Experten.
2.2 Sprachbildung
Die Beherrschung von (Fach-) Sprache ist:
– von größter Bedeutung für das Verständnis politischer Sachverhalte,
– unerlässliche Voraussetzung erfolgreicher politischer Teilhabe und darüber hinaus,
– Grundlage politischer Urteilsfähigkeit.
Deshalb muss die Sprachbildung auch der politischen Bildung am Herzen liegen.
Unsere Schüler*innen kommen heute mit sehr unterschiedlichen sprachlichen Kompetenzniveaus zu uns an die Schule. Darum ist es uns ein zentrales Anliegen sie differenziert und individualisiert beim Aufbau ihrer auch fachspezifischen Sprach- und Argumentationskompetenz zu unterstützen (s. dazu auch das Engagement des FB Deutsch an der LSS bei „Jugend debattiert“).
Unser Fachbereich fördert bei unseren Schüler*innen gezielt die Kompetenz zum zivilisierten Streit, die auf die Kraft des besseren Arguments vertraut und damit der heute allgegenwärtigen Tendenz (s. Social Media) zur Verrohung der Sprache entgegenwirkt. Die Demokratie lebt von und mit dem Streit, den die Bürger*innen über die wichtigen Fragen ihres Zusammenlebens ausfechten. Der politische Gegner ist aber – auch im Klassenzimmer – kein Feind und in seiner Würde als Gleicher unter Gleichen zu respektieren.
Die Erziehung zu einer so verstandenen Streitkultur ist uns ein besonderes Anliegen (s. z.B. die große Resonanz auf unsere Veranstaltung mit dem Titel: „Miteinander in Toleranz“ im März 2018).
2.3 Europabildung
„Ohne Einbeziehung der europäischen Dimension lässt sich Politik in Deutschland heute weder angemessen begreifen noch gestalten. Dem muss eine zeitgemäße politische Bildung Rechnung tragen“.
(S.Rappenglück 2014, zit.n. Sabine Achour u.a.: Wörterbuch Politikunterricht, Frankfurt a. M., 2020)
Die Kultusministerkonferenz forderte bereits 2008 in ihrer Empfehlung „Europabildung in der Schule“ die „(…) Vorbereitung der jungen Menschen darauf, ihre Aufgaben als Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union aktiv wahrzunehmen“.
Schon seit einigen Jahren sind wir als Fachkollegium an der LSS dabei, die europapolitische Bildung als feste Größe in allen schulinternen Curricula zu verankern und sie in vielen Bildungsgängen zu realisieren (siehe Aktivitäten-Links).
Uns geht es nicht um die Vermittlung einer kritiklosen und naiven pro-europäischen Haltung bei unseren Schüler*innen. Vielmehr ist es – gerade angesichts weitverbreiteter EU-Skepsis und -Gegnerschaft – unser Anliegen Vorurteile in begründete, sachlich fundierte Urteile zu überführen.
Wenn, wie oft festgestellt, es in der EU zu oft am Willen zur Gemeinsamkeit fehlt, weil es in ihren Mitgliedstaaten und bei ihren Bürger*innen am Gefühl der Zusammengehörigkeit mangelt, dann auch deshalb, weil die Gemeinsamkeiten gar nicht wahrgenommen werden (können). Diese Gemeinsamkeiten den Schüler*innen zu erschließen, ist u.E. eine Aufgabe politischer Bildung und damit auch der Aufbau einer europäischen Identität auf Seiten unserer Schüler*innen.
Wenn politische Bildung hierzu beitragen möchte, dann muss sie gezielt den Lebensweltbezug der EU für unsere Schüler*innen in ihren Rollen als Auszubildende, Verbraucher*innen und Bürger*innen erfahrbar machen.
Die Kolleg*innen im FB setzen das z.B. um, indem sie:
– Die politische Urteilskraft durch die exemplarische Behandlung von EU-Streitfragen (vom Datenschutz, über Asylfragen bis zum Klimaschutz) schulen.
– Durch politische Exkursionen (z.B. Tour d‘ europe), Studienfahrten (z. B. nach Brüssel) und Begegnungen mit europapolitischen Akteuren und Experten der EU „ein Gesicht geben“ und politische Prozesse erfahrbar machen.
– Durch politische Planspiele es den Lernenden ermöglichen EU-Politik „von innen“ zu verstehen, so ihre EU-Kenntnisse spielerisch zu erweitern und ihre Urteils- und Handlungsfähigkeit zu erproben.